Liberal auf allen Ebenen

FDP-Kandidat Marcus Jensen im Gespräch mit dem Weinhändler Stefan Bubenzer

Marcus Jensen passt gut auf.                                                                                                                                                 Foto:fh

Sie verbindet doch mehr als nur die Liebe zum Wein: Der gebürtige Rheinland-Pfälzer und FDP-Bundestagskandidat Marcus Jensen und der Weinhändler Stefan Bubenzer (Das Schwarze Glas) dessen Herz eigentlich links schlägt, fanden im von der Kiez und Kneipe moderierten Gespräch durchaus die eine oder andere Übereinstimmung. Im »Café Linus« unterhielten sich die beiden in einer kleinen Runde über Themen, die von Altersarmut bis Zeitarbeit reichten. Jensen, der natürlich hofft, dass seine Partei diesmal wieder die Fünf-Prozent-Hürde in den Bundestag nehmen wird, sah in Bubenzer eigentlich den perfekten FDP-Wähler. Die wolle nämlich kleine und mittelständische Unternehmen stärken und ein faireres Steuersystem einführen, bei dem nicht mehr mittlere Einkommen ab 50.000 Euro den Spitzensteuersatz zahlen. Er fordere höhere Freibeträge für Kinder, eine Entlastung der Familien und eine weitgehende Vereinfachung des Steuersystems, in dem die Finanzämter weniger Macht hätten. Eine »Flat Tax«, also ein einheitlicher Steuersatz für alle Einkommen, hält er für politisch unrealistisch, sprach sich jedoch nicht dagegen aus.
Bubenzer, der noch in diesem Jahr in den Ruhestand gehen will, interessierte sich besonders für das Thema der Rentengerechtigkeit. In seinem Umfeld kenne er viele, die große Angst vor Altersarmut hätten. Jensen forderte daraufhin eine Grundrente als Existenzsicherung, die für alle gleich sein müsste und je nach Arbeitszeit aufgestockt werden würde. Außerdem stehe seine Partei für ein flexibles Renteneintrittsalter, was aber nicht dazu führen solle, dass Menschen bis ins Grab arbeiten müssten.
Vor der Rente kommt die Arbeit, und so sprach sich Jensen für eine weitgehende Flexibilisierung des Arbeitsmarkts aus. Jedes Unternehmen sei anders, und daher müssten Löhne immer zwischen den einzelnen Tarifpartnern ausgehandelt werden. »Kleine Betriebe zahlen zu 99 Prozent gerechte Löhne, es sind die börsennotierten Großkonzerne, denen die Angestellten egal sind«, sagte der Kandidat und forderte mehr Spielraum für mittelständische Arbeitgeber. Es sei besser, einige Angestellte entlassen zu müssen, als etwa die Existenz eines Familienbetriebes zu gefährden. Auf die Frage, ob das nicht das Risiko nach unten verlagere und mehr Unsicherheit für die Arbeitnehmer bedeute, verwies Jensen auf den seiner Meinung nach ausreichenden Arbeitnehmerschutz.
In Neukölln nicht über Mieten zu reden ist aktuell unmöglich, und so brachte Bubenzer das Thema auf den Tisch, das er aus den Erfahrungen seiner wohnungssuchenden Kinder nur zu gut kenne. Von Jensen wollte er wissen, wie der Berliner Wohnungsmarkt entspannt werden könnte. Dieser plädierte für Wohnungsneubau, wo es nur gehe und eine Politik, die die nötigen Anreize für private Investitionen schaffe. Sozialer Wohnungsbau solle vom Staat übernommen werden, der Rest würde sich auf dem Markt selbst regeln, mit den richtigen politischen Voraussetzungen. Vor allem müssten die Behörden effizienter werden, denn in Berlin dauere es bis zu eineinhalb Jahren, bis eine Baugenehmigung erteilt werde. Da müsse eigentlich nach zwei Monaten ein Stempel drauf, so Jensen.
In diesem letzten Punkt stimmte Bubenzer dem FDP-Kandidaten voll und ganz zu. »Da würde ich Sie ja gerne wählen«, sagte der Weinhändler, »aber ich sage Ihnen, warum ich Ihnen nicht meine Stimme gebe. Ich wohne in Spandau, in der Einflugschneise von Tegel, und Sie bringen das alles wieder auf den Tisch«. Der bekennende Tegelretter Jensen konnte dem nicht viel entgegnen, außer dass er selbst mit seinem Büro betroffen und dennoch für Tegel sei. Überhaupt brauche man in Berlin bis 2050 noch einen dritten Flughafen. So nahe sich die beiden Gesprächspartner inhaltlich auch teilweise gekommen waren, über die Tegeler Flugschneise reichte es doch nicht.
jt