AfD-Stadtrat scheitert in zwei Wahlgängen

BVV lernt die neuen Parteien kennen

Eigentlich hatte sich die zweite Bezirksverordnetenversammlung (BVV) dieser Legislaturperiode am 7. Dezember bereits eine lange Liste von Themen vorgenommen, die abgearbeitet werden sollten. Dazu kam es allerdings nicht. Dafür gab es Turbulenzen. Der Grund war eine Entschließung der Linken unter der Überschrift »Neukölln sagt Nein zu Rassismus«, die für Empörung bei der AfD sorgte.
In der darauf folgenden Diskussion erklärten die AfD-Vertreter, sie seien eine moderne, aufstrebende Partei, der es nur darum gehe, über die Probleme der Menschen im Bezirk zu reden und nach Lösungen zu suchen.
Wie das aussehen kann, zeigten sie anschließend, als sie darauf bestanden, dass über die Wahl der 72 Bürgerdeputierten einzeln abgestimmt werden sollte, was mehr als eine Stunde in Anspruch nahm. Üblicherweise wird in einem Wahlgang über die komplette Liste der Deputierten abgestimmt.
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung war die Wahl von Bernward Eberenz als Stadtrat für Umwelt- und Naturschutz. Der 54-jährige ist Musiker, Privatlehrer und Philosoph. Er spricht Englisch, Türkisch und Russisch und unterrichtet unter anderem Deutsch als Fremdsprache.
Andreas Lüdecke (AfD), der den Kandidaten vorstellte, nannte als dessen Qualifikation für das Amt, er komme aus Neukölln und kenne sich mit den Gruppierungen aus, die dort leben.
Die Linke hatte bereits vorab angekündigt, grund­sätzlich jeden AfD-Kandidaten abzulehnen. Auch die SPD sprach sich gegen ihn aus, obwohl Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey dafür plädiert hatte, die Partei inhaltlich zu stellen. »Normalerweise ist die Wahl eines Stadtrates ein trivialer Vorgang, aber die Wahl eines AfD-Stadtrates sollte nicht als normal gelten«, sagte Franktionsvorsitzender Martin Hikel. Eberenz habe lediglich rudimentäre Vorstellungen von diesem Amt, außerdem wäre das politische Signal fatal, wenn der Kandidat einer rechtspopulistischen Partei genauso selbstverständlich gewählt würde wie ein Mitglied einer anderen Partei. Fatal besonders gegenüber dem Partner der Zählgemeinschaft, den Grünen. Schließlich hatte die SPD 2011 deren Kandidatin, Gabriele Vonnekold, in drei Wahlgängen durchfallen lassen.
Im Ergebnis des ersten Wahlgangs stimmten dann von 52 anwesenden Bezirksverordneten 35 gegen und zehn für Eberenz bei sieben Enthaltungen. Im zweiten Durchgang standen 17 Ja-Stimmen 35 Nein-Stimmen gegenüber. Da die AfD lediglich über sieben Sitze verfügt, bedeutet das, dass auch Verordnete aus anderen Fraktionen für den Kandidaten stimmten.
Bernd Szczepanski (Grüne), beantragte daraufhin eine Verschiebung der Wahl auf die nächste BVV im Januar. Das fand Gerrit Kringel, Franktionsvorsitzender der CDU, undemokratisch und forderte einen dritten Wahlgang. Die AfD wollte gleich die ganze Sitzung abbrechen. Als sie damit nicht durchkam, forderte sie eine Unterbrechung.
Anschließend wollte die Linke die Tagesordnung ändern, um wenigstens noch über zwei wichtige Anträge zu entscheiden. Dabei ging es um die Errichtung eines Gedenkortes für den ermordeten Burak Bektas und um die Unterbringung der noch in Turnhallen ausharrenden Flüchtlinge in anderen Unterkünften. Das wollten wiederum CDU, AfD und FDP nicht und redeten solange dagegen an, bis um 22:30 die Sitzung automatisch endete.

mr