»Da müsst ihr euch mal drum kümmern«

Über einen, der den Finger in die Wunden der Stadt legte

Es war ein eher ungewöhnlicher Ort für eine Buchvorstellung. Aber es ist auch etwas Besonderes, dass ein kommunistischer Neuköllner Arbeiter- und Parteiveteran vier Jahre nach seinem Tod eine Denkschrift erhält.
Am 14. Dezember wurde das Buch »Da müsst ihr euch mal drum kümmern: Werner Gutsche (1923 – 2012) und Neukölln. Spuren, Erinnerungen, Anregungen« im Vorraum des BVV-Saals im Rathaus Neukölln der Öffentlichkeit vorgestellt.
»Der Titel ist passend«, sagte Kulturstadtrat Jan Christopher Rähmer, denn in Neukölln gebe es viele Baustellen und es sei wichtig, auch in die Vergangenheit zu schauen, um zu sehen, wo die Wurzeln vieler Entwicklungen liegen. Und Werner Gutsche war einer derjenigen, der die Funktionsträger immer wieder auf Dinge hinwies, um die sie sich kümmern sollten.
Ihm sei es beispielsweise zu verdanken, dass die Zwangsarbeiterlager in Neukölln nicht vergessen sind. Darauf wies Dorothea Kolland, langjährige Leiterin des Kulturamtes hin. »Werner Gutsche kam immer wieder zu denjenigen, die Zugang hatten zu Fachöffentlichkeit und Archiven mit seinem Auftrag: ‚Da müsst ihr euch mal drum kümmern‘. Und er kam so oft und so überzeugend, dass man sich darum kümmerte«.
Inspiriert von diesem Ausspruch haben seine Wegbegleiter, Freundinnen und Freunde einen Sammelband erstellt mit zahlreichen Erinnerungen an Werner Gutsche und Forschungsbeiträgen zu Neuköllner Themen, mit denen er sich beschäftigte. Herausgekommen ist ein spannendes Lesebuch über die Geschichte Neuköllns von der Weimarer Republik über die Zeit des Kalten Krieges bis heute. Es geht um Ereignisse wie den »Richardstraßenprozess«, ein Beispiel der brutalen Auseinandersetzungen zwischen KPD und NSDAP, um die Geschichte von fünf polnischen Salesianern, die im Gefängnis Neukölln inhaftiert waren, bevor sie 1942 in Dresden hingerichtet wurden, um die Geschichte Werner Seelenbinders und die Auseinandersetzungen um die Namensgebung des großen Stadions in Neukölln, das nach ihm benannt ist oder um die Entwicklungen auf dem Tempelhofer Feld.
Daneben geht es um Neuköllner Schulreformen, die Geschichte des Schalmeienensembles oder des Arbeiter- und Veteranenchors.
2004 erhielt Werner Gutsche die Neuköllner Ehrennadel. In der Begründung hieß es: »Herr Gutsche hat mit seiner aufklärenden Arbeit das geschichtliche und soziale Verständnis in der Neuköllner Gemeinschaft gestärkt.« 

mr
Am 12. Januar um 19:30 wird das Buch noch einmal in der Galerie Olga Benario, Richardstraße 104, vorgestellt.