Rollbergrennen

Radrennen
Tour de Neukölln.                                                                                                                                             Foto: pschl

»Heute darf ich mal ganz legal auf Neuköllns Straßen schießen«, sagte Kultur- und Sportstadtrat Jan-Christopher Rämer, kurz bevor er den Startschuss für das Hauptrennen der Eliteklassen KT, A, B und C des 59. Rollbergrennens gab.
Nur wenige Zuschauer hatten sich an diesem verregneten 17. Juli an der Rennstrecke eingefunden. Das war schade, hatte sich doch der seit 1910 bestehende Traditionsverein, die Neuköllner Rennfahrer Vereinigung (NRVg.) »Luisenstadt 1910« e.V. Berlin alle Mühe gegeben, den Radsport in das eher kulturbestimmte Nordneukölln zu tragen.
Spannende Rennen gab es aber trotzdem. Die regennasse Strecke verlangte den Fahrern alle Steuerkünste ab. Zum Glück hielten sich die Stürze in Grenzen und endeten glimpflich. Nach 105 Kilometern (50 Runden à 2,1 Kilometer) siegte Marcel Kalz klar vor Konrad Geßner und dem Tschechen Jan Stöhr.Seit seiner Kindheit trainiert Kalz bei der »Luisenstadt 1910« und hat vor allem als Bahnfahrer große Erfolge gefeiert. Im Zweier-Mannschaftsfahren belegte er mit Roger Kluge den zweiten Platz beim diesjährigen Berliner Sechstagerennen. In dieser Disziplin gewann er außerdem das Bremer Sechstagerennen, das von Kopenhagen und wurde fünf Mal deutscher Meister im Zweier-Mannschaftsfahren. Da der Neuköllner Verein für die großen Wettbewerbe keine Lizenz hat, startet er für das Team »Maloja Pushbikers«.
Etwas Erstaunen löste die Teilnehmerliste des »Luisenstadt 1910« e.V. aus mit Namen wie Tarek Al Moakee, Nabil Allaham, Yalmaz Habash, Nazir Jaser und Naim Masri. Ist Integration wirklich gelungen? Ja, aber nicht so wie vermutet. Des Rätsels Lösung: Im September letzten Jahres begegneten die Vereinsvorsitzenden im Velodrom fünf Radsportlern aus Syrien. Sie boten ihnen an, auf der Bahn zu trainieren und sie für den Verein antreten zu lassen. Dank des Engagements von Frank Röglin, der sie nicht nur im Training anspornte, sondern auch dazu bewegte, Deutsch zu lernen, konnten die fünf Syrer zurück zu ihrem Sport finden und kontinuierlich ihre Leistung steigern.
Beim Rollberg-Rennen kämpften sie tapfer mit und konnten die eine oder andere Prämie erkämpfen. Das Beispiel zeigt, wie Sport zur Integration von Flüchtlingen beitragen kann.
Aber nicht nur die Elite war am Start. Bereits um acht Uhr früh starteten die Senioren, gefolgt von den Junioren U19 und der männlichen Jugend U17.
Eine Besonderheit ist das »Jedermannrennen«, das danach stattfand. Jeder Mann und jede Frau, die das Rad beherrschen und sich die ausgeschriebene Distanz von einer Stunde und einer Runde zutrauen, können daran teilnehmen. Sie müssen allerdings über 16 Jahre alt sein. Für die Jüngeren gab es dafür die Schüler U13 und U15 Rennen.
Am Schluss kündigte Streckensprecher Wolfgang Schmidt an, dass das Rollberg-Rennen auch im Jahr 2017 wieder stattfinden wird. Es bleibt zu hoffen, dass das Engagement der NRVg. »Luisenstadt 1910« belohnt wird, damit die Fahrer bei der 60. Auflage mehr Publikum haben, das sie zu sportlichen Höchstleistungen anfeuert.

pschl