Ein ganzer Häuserblock wird zwangsversteigert

Mieter suchen verzweifelt nach Lösungen

So hipp und kreativ Neukölln auch ist, erfährt der Bezirk in rasantem Tempo eine Aufwertung von Wohnraum, die eine berechtigte Angst bei Mietern hervorruft. Und nun geht es um einen ganzen Häuserblock im Reuterkiez, angrenzend an Fram-, Nansen,- Pflüger- und Pannierstraße, mit etwa 300 Mietern. Die Mietergemeinschaft setzt sich zusammen aus Menschen, die von zwei bis zu über 50 Jahren dort leben. Die Mieten sind noch günstig, die Geldbeutel klein. Künstler und Rentner geben sich dort die Hand und leben friedlich in einfachen Wohnverhältnissen zusammen.
Eigentümer des Häuserblocks ist eine Gemeinschaft, die sich zerstritten hat. Die Eigentumsverhältnisse sind sehr un­übersichtlich. Der Streit führte bis zur Zwangsversteigerung, die ab dem 13. Juni stattfinden wird. Der Haken an einer Zwangsversteigerung ist, dass die Kommune kein Vorkaufsrecht hat. Hinzu kommt, dass die Mieter erst vor kurzem von dem Verkauf erfahren haben. Der Gedanke an die Bildung einer Genossenschaft oder die Kapitalbeschaffung für ein Mitsteigern musste auf Grund der knappen Zeit verworfen werden.
Bei der Mieterversammlung am 26. Mai in der Nikodemuskirche berichtete eine Betroffene über einen Besuch bei Florian Hintze, der zwei Gesellschaften vertritt, die zwei der drei Eigentümer der Grundstücke sind. Hintze zeigte sich sehr zuversichtlich, das letzte Drittel bei der Zwangsversteigerung für seine Mandanten zu erwerben. Sollte das gelingen, so hoffen die Mieter, dass keine großartigen Veränderungen zu erwarten sind, aber keiner weiß, was die Eigentümer vorhaben.
Letztlich ist ein Hoffnungsschimmer, dass sich die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft »Stadt und Land« an der Zwangsversteigerung beteiligen wird. So attraktiv, wie es den Anschein hat, ist der Gebäudekomplex gar nicht. Im Reuterkiez gilt der Milieuschutz. Der besagt, dass die Umwandlung in Eigentumswohnungen vor dem Bezirksamt genehmigungspflichtig ist, ebenso der Anbau von Balkonen und die Zusammenlegung von Wohnungen wie auch Luxussanierungen.
Was geschieht jedoch, wenn ein aggressiver Investor bietet, so dass »Stadt und Land« die Luft und das Geld ausgehen? So etwas passiert gerade häufig in Neukölln zum Schrecken der Bewohner mit den gemeinhin fatalen Konsequenzen. Dann bleibt den Mietern allerdings nur der Kampf, jedoch mit guten Aussichten: Wenn der Bezirk den Milieuschutz rigoros durchsetzt, wird ein Investor gegen Wände rennen und die Kapitalmaximierung kann nicht im geplanten Maß umgesetzt werden. Außerdem soll es Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts eine Tankstelle im Innenhof der Framstraße gegeben haben, von der durchaus noch Altlasten übrig geblieben sein könnten. Das wäre dann für jeden gewinnorientierten Investor ein kaum abzuschätzendes zusätzliches Risiko.

ro
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Termine zur Zwangsversteigerung: 13.6. 10:00, Nansenstr. 14/14A; 15.6. 9:30, Framstr. 3, 7, 9; 16.6. 10:00, Framstr. 11/13: 23.6. Framstr. 3 und 5 im Amtsgericht Neukölln, Zi. 128