Petras Tagebuch

Hunger

Umziehen ist schrecklich. Voller Freude auf die tollen Büroräume der Kiez und Kneipe vergaß ich die bevorstehenden Widrigkeiten. Die Technik, klar, funktioniert erst mal nicht so richtig. Auch die Feststellung, dass die Schillerpromenade ein einziges Funkloch ist, erleichtert die Arbeit nicht. Das hängt mit dem ehemaligen Flughafen Tempelhof zusammen. Die Anflüge wären durch einen Funkturm gestört gewesen. Aber auch dafür wird es eine Lösung geben.

Aber die Unstellung ist furchtbar anstrengend. Daran gewöhnt, bei Hunger schnell eine Kleinigkeit zu kochen oder den Kühlschrank zu plündern, entsteht im neuen Büro ein Loch. Im Magen. Und da der Zulauf im Büro doch größer als erwartet ist, wird das Loch ignoriert. Ich hätte mir ja Proviant mitbringen können. Eine harte Strafe für meine Vergesslichkeit.

Mit der Zeit werde ich im Gespräch unkonzentriert, ertappe mich dabei, wie sich Gedanken an Rouladen, Eintöpfe, Steaks, Gemüse und diverse Desserts einschmuggeln. Heimlich beginne ich, am Computer mir Leckereien auf den Bildschirm zu zaubern, was meinen Zustand nicht verbessert. Ich wundere mich nur darüber, wie ich mich selbst foltere.
Dann aber wird es Zeit für mich, es wartet noch ein Termin. Vorher noch schnell in eine Bäckerei hineigehuscht, um noch eine Kleinigkeit zu essen.

Das allerdings war ein grober Fehler. Mit den opulenten Fantasien im Kopf über wohlschmeckende Köstlichkeiten, hatte das Angebot im Geschäft nun gar nichts zu tun. Ich konnte mich nur zwischen schlecht und schlecht entscheiden. Die Zeit rannte und ich bin immer pünktlich. Und es war schlecht. Es war so schlecht, dass ich nach einem Bissen in das Getreideprodukt, der Verkäuferin den Rest zurück gab und mein Erstaunen darüber äußerte, dass so etwas tatsächlich gekauft wird.

Nie wieder werde ich meinen Proviant vergessen.