Flüchtlinge nicht gegen Senioren ausspielen

Heiße Wortgefechte in der BVV

Gegen die Stimmen der CDU hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 27. Januar Leitlinien beschlossen, an denen sich das Bezirks­amt bei der Aufstellung der Genehmigungskriterien für die Umsetzung des Milieuschutzes in Neukölln orientieren soll.

BVV
Hände hoch! Wir beschließen.                                                                                                                                           Foto: mr

Bauliche Maßnahmen, die den zeitgemäßen Ausstattungsstandard wesentlich überschreiten, sollen zukünftig nicht mehr genehmigt werden. Für den Abriss von Wohnungen soll grundsätzlich keine Genehmigung erteilt werden, es sei denn, das Gebäude ist so marode, dass die Erhaltung nicht mehr zumutbar ist.
Allerdings hapert es an der Umsetzung dieser Vorgaben, weil nicht genügend Personal vorhanden ist. Das ging aus der Antwort von Baustadtrat Thomas Blesing auf eine Große Anfrage der Grünen hervor. Es sollen zwar zwei neue Vollzeitstellen geschaffen werden, aber voraussichtlich wird es noch bis Mai dauern, bis diese Stellen dann auch besetzt sind. »Die Mühlen der Verwaltung mahlen langsam«, meinte Blesing dazu.Einig waren sich SPD und CDU dann wieder bei der Ablehnung einer Entschließung, mit der die BVV den Senat und das Abgeordnetenhaus auffordern sollte, den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld zu respektieren. Da half es nichts, dass die Oppositionsparteien auf die katastrophalen Zustände in den Hangars hinwiesen, die sicherlich nicht besser würden, wenn noch mehr Menschen dort untergebracht werden. »Neue Situationen erfordern neue Wege«, meinte dazu Lars Oeverdiek, Fraktionsvorsitzender der SPD.
Flüchtlinge und deren Unterbringung im ehemaligen C&A Kaufhaus war auch das Thema einer Großen Anfrage der Piraten. Es sei ein Glücksfall gewesen, dass der neue Eigentümer des Kaufhauses kooperativ sei und dem Bezirk das Gebäude drei Jahre lang zur Verfügung stelle, erklärte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey. Insgesamt sollen dort zukünftig 600 Plätze zur Verfügung gestellt werden. Dafür müssten allerdings noch zusätzliche Sanitäranlagen gebaut werden und zwar bevor die Menschen einziehen. Außerdem werden zwischen den einzelnen Teilbereichen Trennwände errichtet, um mehr Privatsphäre zu ermöglichen. Das sei keineswegs optimal, meinte Giffey, aber immer noch besser als Turnhallen. Eine Dauerlösung könne das aber auch nicht sein. Daher müsse der Senat dringend für dauerhaften Wohnraum sorgen.
Auch die Seniorenfreizeitstätte in Rudow war wieder einmal Thema. Die CDU-Fraktion hatte in einer Pressemitteilung behauptet, über 90 Prozent der SIWA-Mittel (Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt) sollen für »Flüchtlingsunterkünfte, modulare Schulgebäude und Kindertagesstätten« eingesetzt werden. Damit würden wichtige bezirkliche Planungen wie die Seniorenfreizeitstätte vom Tisch gewischt. Davon könne überhaupt keine Rede sein, erklärte Franziska Giffey. Es bestehe im Bezirksamt Einigkeit darüber, dass der Bau in jedem Fall finanziert werde, notfalls eben auch mit bezirkli- chen Mitteln.
Sie habe kein Verständnis dafür, erklärte Giffey abschließend, wenn die Neuköllner CDU um der politischen Inszenierung willen versuche, die Rudower Senioren zu verunsichern. Auch das Ausspielen der Maßnahmen für Flüchtlinge gegen die Interessen alter Menschen sei völlig unangebrachte politische Stimmungsmache.

mr