Tod auf dem Boddinplatz

Nachruf auf einen verlorenen Menschen

Er gehörte zu denen, die durch alle Raster fallen. Alkoholkrank, kein Job, keine Wohnung, kein Konto und damit auch kein Geld vom Jobcenter. So fristete Rolf Schmitt, der eigentlich Johannes K. hieß, sein Leben auf der Straße, seit einigen Jahren vorzugsweise am Boddinplatz, und da ist er am 11. August auch gestorben. Er wurde nur 52 Jahre alt.

Schmitti
Erinnerungen.                                                                                                                                                                                  Foto: mr

Vor ungefähr drei Jahren tauchte er das erste Mal dort auf, ver- schwand aber immer wieder für lange Zeit, meistens im Knast. Dort wollte er auch immer wieder hin, denn der Knast war für ihn eine überschaubare Welt, er hatte einen geregelten Tagesablauf, ein Dach über dem Kopf, ein Bett und etwas zu essen.Seit Mai war er regelmäßig auf dem Boddinplatz, schlief dort auf einer Bank, bei schönem Wetter auch schon mal auf dem Rasen. Viele der Nachbarn schauten weg, für andere war er ein Ärgernis, er wurde beschimpft und zusammengeschlagen.
Aber einige schauten auch genauer hin, brachten ihm gelegentlich etwas zu essen, ließen sich auf ein Gespräch mit ihm ein oder spielten eine Partie Schach mit ihm. »Der Mann war ja nicht dumm, er hatte interessante Ansichten, aber er kam einfach mit dem Leben nicht zurecht, und am Ende hatte er nur noch Angst«, sagt Maik Tubies. Er hatte Johannes kennen gelernt, als er ihn dabei beobachtete, wie er im Müll nach etwas Essbarem wühlte. Seitdem brachte er ihm jeden Morgen, nachdem er sein Kind in der Schule abgeliefert hatte, ein paar belegte Brötchen und einen Kakao. Den mochte er lieber als Kaffee. Dazu ein paar Euro, damit er sich was zu essen kaufen konnte. Und Maik scheute sich auch nicht, den Halb­s­tarken gegenüber eine klare Ansage zu machen, wenn sie den hilflosen Mann wieder einmal anpöbelten oder ihm seine mühselig zusammengesammelten Pfandflaschen wegnahmen. »Es entstand eine Art Freundschaft«, sagt er.
Auch von den Betreibern des Laidak bekam er gelegentlich Lebensmittel und eine Flasche Wasser. Sie waren es auch, die eine spontane Geldsammelaktion starteten, um eine Grabstelle zu kaufen. »Damit er nach einem elenden Leben wenigstens eine würdige letzte Ruhestätte findet.« 

mr