Mein Bus ist meine Burg

Drohendes Ende für die Lilienthalstraße als Platz für mobiles Wohnen – nach 30 jähriger Duldung

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Streit um Parkverbot.                                                                          Foto: fh

Seit drei Jahren lebt Jakob in seinem alten Daimler-Bus in der Lilienthalstraße am Rand der Hasenheide, nicht weit vom Tempelhofer Feld. Er studiert Restau-rierung von techni- schem Kulturgut und hat nicht zuletzt dadurch genug Know-how, um sein Wohnmobil so auszustatten, dass er dort bequem leben kann. Ein mit Holz befeuerter Herd, auch Küchenhexe genannt, dient zum Kochen und Heizen. Solarzellen auf dem Dach sorgen für ausreichend Strom. Jakob hat sich einen Jugendtraum erfüllt und kann sich kaum noch vorstellen, einmal anders zu wohnen. Alle Bewohner der Fahrzeuge, von denen eine Handvoll am Seitenstreifen parkt, studieren oder gehen arbeiten. Die Autos haben alle TÜV und sind jederzeit fahrtauglich, das ist den Leuten auch wichtig. Die Lilienthalstraße ist von der einen Seite durch einen Friedhof und von der anderen Seite durch Schrebergärten abgegrenzt.
Jeden Sommer kommt eine Familie aus Oldenburg vorbei, um hier Urlaub zu machen. Die Lilienthalstraße ist vor allem auch ein Ort für Durchreisende, die hier einen ruhigen Ort finden, wie es sonst nur noch wenige in Berlin gibt.
Das Ordnungsamt schaut regelmäßig vorbei, aber eigentlich gab es bis dato keine großen Probleme. Schließlich räumen die Anwohner den ganzen Müll weg, den manche Unverbesserliche nachts hier illegal abladen.
Zudem genügt ihre ständige Präsenz, damit in den Schrebergärten nicht eingebrochen wird. Eigentlich eine Win-win-Situation zwischen Ordnungsamt und den Bewohnern der Wagen in der Lilienthalstraße.
Doch seit Anfang dieses Jahres gehört sie nicht mehr teilweise zu Neukölln, sondern wurde vollständig nach Friedrichshain-Kreuzberg eingemeindet. Und irgendwann standen plötzlich Halteverbotsschilder für LKWs an der Straße. Doch die Bezirksbürgermeisterin Monika Hermann unterstützte das Anliegen der Bewohner, dass die Verbotsschilder vorläufig ungültig gemacht wurden. Dennoch wird im September in der Bezirksverordnetenversammlung darüber abgestimmt, ob das alternative Wohnen in der Lilienthalstraße in Zukunft unmöglich gemacht werden soll. Davon hat letztendlich niemand etwas, denn dann würden hier die heimlichen Müllentsorgungen überhand nehmen. Auch die ersten Einbrüche in die Schrebergärten wären nur eine Frage der Zeit.

cal