Profitable Verdrängung

Wohnungsnot als Ergebnis einer gewinnorientierten Wohnungsmarktpolitik

Die wissenschaftliche Studie eines Soziologenteams der Humboldt Universität (HU) zu Zwangsräumungen stellt die strukturelle Mitwirkung von Behörden und landeseigenen Wohnungsunter- nehmen an der Gentrifizierung dar.

Zwangsräumung
Demo gegen Zwangsräumung vor »Berlinovo Immobilien AG«.                                                                 Foto: pr

Durch die bestehende Gesetzgebung werden nicht die Menschen, die von Verdrängung bedroht sind, sondern die Eigentümer geschützt. In angespannten Wohnungsmarktsituationen werden den Eigentümern Möglichkeiten geschaffen, Menschen wegen Kleinigkeiten wie verspäteter Miete zu kündigen, um den Profit zu steigern. In weniger angespannten Wohnungsmarktsituationen haben die Eigentümer quasi eine Ausfallversicherung über die Mietschuldenübernahme.
In Neukölln wird die Mietschuldenübernahme im berlinweiten Vergleich überdurchschnittlich oft abgelehnt. In 85 Prozent der Fälle wird eine Mietkostenübernahme verweigert (in ganz Berlin sind es 47 Prozent), und so steigt die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung und damit einer Zwangsräumung deutlich.Dieser Zustand rief direkt Protest vom »Bündnis Zwangsräumung verhindern« und der Erwerbsloseninitiative »Basta« auf den Plan. Ein Tag nach Veröffentlichung der Studie wurde dem Jobcenter Neukölln, welches für die Mietschuldenübernahme zuständig ist, in einer Flashmobaktion der Goldene Knüppel überreicht. Die Symbolik ist auf ein in der Studie veröffentlichtes Zitat einer Mitarbeiterin des Jobcenters zurückzuführen, »hin und wieder mal die Prügelstrafe einzuführen, für diejenigen, die die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) bekommen haben, aber einfach zweckentfremdet angewendet haben.« Die circa 60 Menschen besetzten dafür den Vorraum des Jobcenters in der Mainzer Straße, verteilten Flyer, machten Megaphondurchsagen und skandierten Parolen.
Die landeseigenen Wohungsbaugesellschaften, die für eine »soziale Mischung« in Berlin sorgen sollen, sind Motor von Zwangsräumungen und Verdrängung. 20 Prozent der Räumungen, und damit überdurchschnittlich viele, gehen auf deren Konto. Das liegt auch an der profitorientierten Ausrichtung der landeseigenen Wohnungbaugesellschaften und ist somit politisch gewollt.
Im Fazit der Studie heißt es: »Wohnungsnot ist das Resultat einer profitorientierten Wohnungsversorgung und eines sich als aktivierend verstehenden Sozialsystems.«
Die Studie endet mit der Hoffnung auf eine soziale Bewegung, die das Recht auf Wohnen für alle durchsetzt.

az
https://www.sowi.hu-berlin.de/de/lehrbereiche/stadtsoz/forschung/projekte/studie-zr-web.pdf
Bündnis Zwangraeumung verhindern:
http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/
BASTA! Erwerbsloseninitiative Berlin:
http://basta.blogsport.eu/