Letzter Vorhang für den König von Neukölln

Unspektakulärer Abgang in der Bezirksverordnetenversammlung

Wer eine pathetische Abschiedsvorstellung erwartet hatte, wurde enttäuscht. In wenigen knappen Sätzen erklärte Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 28. Januar, dass er den Regierenden Bürgermeister Michael Müller gebeten habe, ihn zum 1. April in den Ruhestand zu versetzen. Aus gesundheitlichen Gründen.
Die BVV-Mitglieder erinnerte er noch einmal daran, »Wo Neukölln ist, ist vorn!« Das wurde von allen Fraktionen mit stehenden Ovationen quittiert.

Buschi
Wo Buschy war, war vorne.Foto: mr


BVV-Vorsteher Jürgen Koglin sagte, die Arbeit mit ihm habe Spaß gemacht, auch wenn Buschkowsky ein Mann mit Ecken und Kanten sei. Dann gab es noch einen Blumenstrauß, und das wars. Die BVV ging zur Tagesordnung über. Nur ein Besucher rief von draußen in den Saal »Er soll nicht zurücktreten, wir brauchen ihn!« Nicht alle teilten diese Meinung. Die Linke hatte vor der Sitzung eine Pressemitteilung verteilt, in der sie ihrer Hoffnung Ausdruck verleiht, dass nun »eine neue konstruktivere Kultur im Rathaus Neukölln beginnt.«
Bestimmendes Thema der BVV war der Umgang mit Flüchtlingen. Sozialstadtrat Bernd Szczepanski berichtete über ungeheuerliche Zustände in einem Neuköllner Hostel. Vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) unter Führung des CDU- Gesundheitssenators Czaja seien dort 70 Plätze in drei Wohnungen vorgesehen, von denen derzeit offenbar 51 Plätze belegt seien. »Das Treppenhaus war vermüllt, die Küche bis zur Unbenutzbarkeit verschmutzt. Es gab vier Bettgestelle (davon eines defekt) für eine siebenköpfige Familie. Für insgesamt 15 Personen gab es eine Toilette und eine Dusche, außerdem zwei Kühlschränke und einen defekten Herd, der sich nicht ausschalten ließ.«
Nicht nur Bernd Sczcepanski stellte sich angesichts dieser Verhältnisse die Frage, warum nicht landeseigene Gebäude für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden, die weitaus kostengünstiger seien als private Betreiber. Die SPD warf nicht nur dem Gesundheitssenator, sondern auch der Neuköllner CDU Konzeptionslosigkeit vor. Deren Vorschläge für die Unterbringung von Flüchtlingen seien nicht gerade hilfreich gewesen. Die alte Post und das C&A-Gebäude an der Karl-Marx-Straße wurden vom LaGeSo von vornherein als untauglich verworfen.
Weniger um die Not der Flüchtlinge als um Befindlichkeiten der Bezirkspolitik ging es bei dem Erstaufnahme-Wohnheim in der Herman-Sander-Schule am Mariendorfer Weg. Die CDU warf dem Bezirksamt eine verfehlte Informationspolitik vor, weil es die BVV-Fraktionen nicht vor, sondern gleichzeitig mit der Herausgabe einer Pressemitteilung informiert hatte.
Dabei war es das LaGeSo, welches das Bezirks­amt Anfang des Jahres mit der Aufforderung überrumpelt hatte, Turn­- hallen zu benennen, in denen Flüchtlinge untergebracht werden könnten. Schulstadträtin Franziska Giffey reagierte unverzüglich und suchte nach anderen, geeigneteren Alternativen. Die fand sie in den früher als geplant freigewordenen Schulcontainern. »Dafür sollten wir ihr dankbar sein«, meinte Peter Scharmbeck (SPD). Zwischen dem LaGeSo-Schreiben und der Mitteilung an die Presse und die Fraktionen lagen dabei weniger als eine Woche. Wenige Tage später wurden die Anwohner vom Bezirksamt in einem persönlichen Schreiben über die Lage informiert. SPD und Grüne erklärten daher auch, sie fühlten sich bestens informiert. 
mr