Carmen in Neukölln

Drama in der Karl-Marx-Straße

Was wäre die Neuköllner Oper, wenn sie nicht das Geschehen in das sozial angespannte Neukölln verlagern würde?
»Die Akte Carmen« wurde somit kurzerhand aus Spanien in ein Flüchtlingslager verlegt. Auch hier geht es, zwar am Rande der Legalität, um Liebe und Leidenschaft. José tötet, was er zum Leben so bitter braucht. Carmen stirbt, das Drama hat sein Ende gefunden.

Carmen_Farrah El Dibany und Christian Schleicher_fotocredit Matthias Heyde
Farrah El Dibany und Christian Schleicher.                                                                              Foto: Matthias Heyde

Das musikalische Arrangement hat Bijan Azadian geschrieben. Das kleine Orchester spielte die Originalpartituren aus Bizets Oper überzeugend gut. Die ausgesprochen schöne Carmen- Darstellerin Farrah El Dibany kommt aus Ägypten und ist Mezzosopranistin. Sie ist die beste Besetzung, die sich die Neuköllner Oper einfallen ließ. »Carmen« wird im Original auf Französisch gesungen. Darauf verzichtete die Neuköllner Oper. Die Texte wurden ins Deutsche übertragen und der Handlung angepasst. Nicht immer konnte das Publikum den Text verstehen. Dafür jedoch gab es dann englische Obertitel.
Eine kleine Ausnahme hat sich das Orchester jedoch erlaubt. Als im Stück das Zigeunertemperament durchbricht, wird Carmen ein sephardisches Lied in den Mund gelegt, ein Wiegenlied in Ladino. Bizet hätte es sicherlich selbst in die Oper eingebaut, hätte er es gekannt.
Insgesamt zeigte die Neuköllner Oper ein originalgetreues Drama, verlegt in das Neukölln 2015. Mit Schwung und einer exzellenten Besetzung, die musikalisch und schauspielerisch mit Herz und Können das Publikum berauschte, kann die Neuköllner Oper ein Glanzstück vorweisen.

ro