Petras Tagebuch

Wenn die Jacke näher als der Schlüssel ist

Die Tanzschule, die ich besuche, ist für mich der Ort, an dem ich über das Tanzen entspannen kann. Das ist dann Erholung pur. Die Entspannung bei der letzten Tanzstunde war allerdings in der Pause vorbei.
Wie immer nahm ich meine Jacke und ging nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Ich griff in meine Jackentasche, um das Feuerzeug herauszuholen. Es war nicht mehr da, aber es gab noch Mitstreiter in der Kälte, die mir großzügig von ihrer Flamme abgaben. Nach Befriedigung der schlimmsten Sucht setzte sich mein Gehirn wieder in Bewegung. Es war schon komisch, dass das Feuerzeug verschwunden war, das passiert ja gelegentlich. Da war aber doch noch mehr in den Taschen. Richtig: Der Büroschlüsselbund, der Wohnungsschlüssel und der Fahrradschlüssel, und die waren weg.
Ich war mir ganz sicher, sie in die Jackentasche gesteckt zu haben. Und was sollte jemand mit den Schlüsseln, die mit keiner Adresse versehen waren, anfangen? Ein Autoschlüssel, ja das hätte ich verstanden, damit kann ein Dieb etwas anfangen, aber doch nicht mit dem, was es in meiner Tasche zu erbeuten gab. Unanständig fand ich dieses Verhalten.
Die Pause habe ich dann verkürzt und bin zur Rezeption, um den Verlust zu melden. Mein Tanzlehrer war ganz in der Nähe und stöhnte schon, dass er sich heute Nacht die Videoüberwachung anschauen muss. Das tat mir leid, aber ich wollte schon wissen, wer so etwas Ungehöriges macht.
Der ganzen Empörung wurde ein Ende gesetzt, als mich eine Mittänzerin fragte, ob es denn meine Jacke sei, die ich trüge. Und tatsächlich, diese Jacke musste einer anderen Person gehören. Sie war zwar von gleicher Farbe und Material, aber sie gehörte mir nicht. Meine Jacke hingegen befand sich am Kleiderhaken mit allen Schlüsseln darin.