Petras Tagebuch

Bullen im Sixpack

Die Verkehrssituation in der Hermannstraße hat sich durch die Baustelle in der Karl-Marx-Straße zwar verdichtet, bietet nun aber eine Quelle größten Amüsements. Es nieselte, was ein sicheres Fahrradfahren für Brillenträger unmöglich macht, weil sie weder mit noch ohne Sehhilfe viel erkennen können.
In der Hermannstraße war ich auf dem Fahrrad unterwegs. Vor mir fuhr ein Pärchen in vernünftigem Tempo, die Ampelfarben missachtend. An einer völlig unkritischen Ampel hielt die Frau bei rot. Der Freund war etwas irritiert und rief: »Fahr doch weiter, es gibt keinen Grund zu halten!« Sie daraufhin: »Siehst du nicht das Sixpack Bullen?« Ich konnte es mir nicht verkneifen: »Die sind nicht für Ampeln zuständig, das sieht man doch.« Der Freund und ich fuhren über die rote Ampel, die Freundin blieb und wartete überflüssigerweise.
Wenige Meter weiter, inzwischen waren wir ein Dreierpack, ging eine Autotür zur Straßenseite mitten im Verkehr auf. Der Fahrer stieg aus und unterhielt sich lautstark, aber freundlich mit einem Bekannten. Der sowieso schon schleppende Autoverkehr kam zum Erliegen. Wir Fahrradfahrer mussten eine Vollbremsung machen, um einen Unfall zu verhindern.
Die Autofahrer hupten, wovon sich der Verursacher des Staus in keiner Weise beeindrucken ließ. Er überhörte auch das Schimpfen und unterhielt sich unbeirrt weiter. Offensichtlich wurde etwas ausgehandelt, mit einem Handschlag waren die Herren mit ihrem Gespräch fertig, der Fahrer stieg in sein Auto und reihte sich wieder in den Verkehr ein.
Bei diesem ganzen Chaos passierte niemandem etwas.
Vor Kurzem sind zwei Fahrradfahrer auf dem Tempelhofer Feld zusammengestoßen und haben sich schwer verletzt. Die Hermannstraße ist doch der sicherere Weg.