Islamische Gemeinden unter Beobachtung

Podiumsdiskussion in der »Şehitlik Moschee«

Ramadan, die Zeit des Fastens und nächtlichen Feierns, ist für viele Muslime der wichtigste Monat im Jahr. Das Kulturfest »Die Nächte des Ramadan« bietet dazu in Berlin den passenden kulturellen Rahmen.
In der »Şehitlik Moschee« wurde aus diesem Anlass am 16. Juli der Film »Ummah – Unter Freunden« gezeigt. Darin geht es um die Geschichte eines verdeckten Ermittlers des Verfassungsschutzes, der nach einem missglückten Einsatz gegen Rechtsterroristen ausgerechnet in Neukölln untertaucht. Dort trifft er auf Abbas und dessen Kumpel Jamal, und nach ein paar kleineren Missverständnissen und größeren Vorurteilen entwickelt sich bald eine wunderbare Freundschaft. Doch der Verfassungsschutz hat andere Pläne.
Der Film zeigt ziemlich holzschnittartig, wer hier zu den Guten und wer zu den Bösen gehört, Zwischentöne gibt es wenig. Nichtmuslime gibt es nur als Angehörige von Polizei und Verfassungsschutz, die entsprechend unsympathisch skizziert werden.

MoscheeMoscheegespräche im Ramadan.                                 Foto: mr

Im Anschluss an den Film gab es ein Podiumsgespräch zum Thema »Islamische Gemeinden – Zwischen Zusammenarbeit und Verdächtigung«.
Werner Schiffauer, Professor für Kulturanthropologie an der »Europa-Universität Viadrina« in Frankfurt (Oder), kritisierte, dass der Verfassungsschutz nicht die Entwicklungen in den muslimischen Gemeinden zur Kenntnis nehme. Es gebe kaum Gruppen, die tatsächlich die Demokratie abschaffen wollen. Bewegungen, wie die »Millî Görüş« zu beobachten, sei kontraproduktiv für die Präventionsarbeit, weil hier potenzielle Kooperationspartner unter Generalverdacht gestellt würden. »Ich halte den Verfassungsschutz für eine überflüssige Behörde«, erklärte er.
Demgegenüber bekannte sich Guido Steinberg von der »Stiftung Wissenschaft und Politik« als Fan starker Nachrichtendienste, gerade weil das gewalttätige Spektrum größer werde. So gebe es neben den etwa 10.000 Nazis und einer gewaltbereiten linksradikalen Szene inzwischen rund 1.000 Dschihadis. Besonders die, die aus dem Syrienkrieg zurückkehren, dürften nicht aus den Augen gelassen werden. Das Versagen des Verfassungsschutzes in Sachen »NSU« sollte nicht zu einer Einschränkung der Dienste führen, sondern dazu, sie effektiver zu machen. »Der Verfassungsschutz sollte bei den Briten in die Lehre gehen«, schlug er vor. Im Übrigen müsse ein größeres Augenmerk auf die Präventionsarbeit gelegt werden, um zu verhindern, dass Jugendliche überhaupt erst radikalisiert werden.
Dazu erklärte Ender Cetin, Vorsitzender des Moscheevereins »DITIB-Şehitlik«, dass die Moscheevereine schon seit vielen Jahren Präventionsarbeit betrieben, aber nie so richtig ernst genommen wurden. Staatlicherseits gebe es so gut wie keine Unterstützung für ihre Projekte. Dabei lege gerade der Verein der »Şehitlik Moschee« großen Wert darauf, sich nach außen zu öffnen, um gegenseitiges Verständnis zwischen Mehrheitsgesellschaft und den islamischen Gemeinden zu erreichen. »Auch wenn uns nicht alles gefällt, wir leben hier und es ist unser Land«, erklärte er. Dass es einige Moscheen gibt, in denen Hass auf die westliche Gesellschaft gepredigt wird, sieht auch Cetin als Problem. Imam sei aber kein geschützter Begriff, jeder könne sich hinstellen und predigen. Häufig kommen die Prediger allerdings aus der Türkei, sprechen kaum Deutsch und bringen keinerlei Verständnis für die hiesigen Verhältnisse mit. Er fordert deshalb, dass mehr Theologen in Deutschland ausgebildet werden. 

mr