Das Volksbegehren ist erfolgreich

Senat zeigt sich als schlechter Verlierer.

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Sie haben es geschafft! Bis zum letzten Moment standen die Unterschriftensammler für das Volksbegehren zum Erhalt des Tempelhofer Feldes auf den Straßen oder waren in U- und S-Bahnen unterwegs. Am Ende konnten sie mehr als 233.000 Unterschriften bei der Landeswahlleitung abgeben.  Gültig waren davon 185.328. Damit ist das Quorum für ein Referendum geschafft, der Weg für den Volksentscheid ist frei.
Zu verdanken ist dieser Erfolg nicht nur den Aktiven der Bürgerinitiative »100 % Tempelhofer Feld«. Viele Berliner Bürger haben sich mit Unterschriftenlisten eingedeckt und sammelten im Freundes- oder Kollegenkreis. Die höchste Unterstützung mit 18,6 Prozent der Stimmberechtigten gab es in Friedrichshain-Kreuzberg, dicht gefolgt von Tempelhof-Schöneberg mit 15,9 und Neukölln mit 15,8 Prozent. Mit 1,5 Prozent war das Interesse in Marzahn am geringsten.
Bausenator Michael Müller hatte noch in der Woche vor dem Abgabetermin das Scheitern des Volksbegehrens verkündet, aber wie bei den vorangegangenen Volksbegehren vom Wassertisch oder vom Energietisch hatten viele Sammler bis zum Schluss gewartet, um ihre Listen im Kampagnenbüro abzuliefern.
Das reichte offensichtlich aus, die Politik das Fürchten zu lehren. Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) verstieg sich sogar dazu, der Initiative kriminelle Machenschaften vorzuwerfen. In einem Interview mit dem RBB unterstellte er den Sammlern, sie hätten massenhaft Unterschriften gefälscht. Der Hinweis darauf sei bereits am Montag nach Abgabetermin aus der Senatskanzlei gekommen. Beweisen konnte er das aber nicht. Die Landeswahlleiterin wies diese Vorwürfe auch umgehend zurück. Unterschriften seien nicht allein deshalb ungültig, weil das Geburtsdatum fehle. Wenn die Daten zweifelsfrei zugeordnet werden können, sei die Unterschrift zu werten, dazu gebe es ein entsprechendes Gerichtsurteil. Im übrigen sei bei keinem der bisherigen Volksbegehren diese Praxis beanstandet worden. Außerdem sei es nur ein ganz kleiner Prozentsatz, bei dem das Geburtsdatum fehle.

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Unterschriftensammler.  Foto: mr

Trotzdem gab es viele ungültige Stimmen. Viele Feldliebhaber haben unterschrieben, die entweder keinen ersten Wohnsitz in Berlin haben oder nicht im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind. Damit bleibt ihre Stimme ungehört. In der nächs­ten Stufe können jetzt die Berliner Bürger an der Wahlurne über die Zukunft des Tempelhofer Feldes entscheiden. Die Bürgerinitiative setzt sich mit ihrem Gesetz dafür ein, das Feld komplett als Ort für Erholung und Freizeitgestaltung und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten. Das heißt aber keineswegs, dass hier keine Entwicklung mehr möglich ist, wie Senator  Müller nicht müde wird zu behaupten. Lediglich der Verkauf von Flächen und die großräumige Bebauung wird abgelehnt.
Der Senat dagegen will das Feld mit einer »behutsamen Randbebauung« entwickeln. Dazu soll entlang der S-Bahn und des Tempelhofer Damms auf etwa 70 Prozent der geplanten Baufläche ein breiter Riegel von Gewerbeimmobilien entstehen. Die restlichen 30 Prozent sollen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden, gerade die Hälfte für eine Kaltmiete von 6,50 bis 8,50 Euro. Der Rest wird deutlich teurer werden. Auch auf Neuköllner Seite sollen rund 1.700 Wohnungen entstehen. Welche Bauherren zum Zuge kommen sollen, darüber ist bisher noch nichts bekannt. Daneben soll auf der Tempelhofer Seite für geplante 270 Millionen Euro die neue Zentral- und Landesbibliothek entstehen. Die inneren Wiesenbereiche von etwa 230 Hektar sollen laut Senator Müller »noch lange unbebaut bleiben«.Wie lange, sagt er nicht.

mr